Volkstrauertag

Rede zur Gedenkfeier Dassendorf

17.11.2024


Liebe Dassendorferinnen, liebe Dassendorfer,

Jedes Jahr am Volkstrauertag versammeln wir uns, um der Opfer von Krieg, Gewalt und Unterdrückung zu gedenken. Auch heute sind wir hier wieder zusammengekommen – in Dankbarkeit, aber auch mit der Verantwortung, das Gedenken in die Zukunft zu tragen.
 

Erich Fried – „Vergänglichkeit“

Was ist der Krieg?
Der Krieg ist blind.
Und seine Blindheit
ist Wut.

Was ist der Frieden?
Der Friede sieht.
Und sein Gesicht
ist die Güte.

Der Friede braucht länger.
Der Krieg kommt geschwind.
Aber die Geduld
des Friedens
ist klüger
als die Eile
des Krieges.

Dieses Gedicht von Erich Fried ist eine zeitlose Mahnung an uns alle. Es erinnert daran, wie zerbrechlich der Friede ist – und wie groß die Anstrengung, ihn zu bewahren.

Erich Fried (1921–1988) war ein österreichisch-deutscher Lyriker, dessen Werke stark von seinen persönlichen Erfahrungen mit Krieg, Flucht und Verlust geprägt waren.

Fried wurde in Wien geboren und wuchs in einer jüdischen Familie auf. Nach dem „Anschluss“ Österreichs im Jahr 1938 wurde sein Vater von der Gestapo ermordet. Daraufhin floh Fried im Alter von 17 Jahren mit seiner Mutter nach London. Dort engagierte er sich in der antifaschistischen Bewegung, arbeitete in verschiedenen Berufen und schrieb bereits erste Gedichte. Seine Erfahrungen mit Krieg und Exil prägten sein Leben und Schaffen nachhaltig.

Fried schrieb Gedichte, die sich kritisch mit Krieg, Unterdrückung und Gewalt auseinandersetzen. Oft entstanden diese Werke im Kontext von Protestbewegungen, etwa gegen den Vietnamkrieg oder die Eskalation des Kalten Krieges. Mit seinen Gedichten appellierte er an unsere Menschlichkeit, Empathie und die Verantwortung, gegen Unrecht einzutreten.


Heute, im Jahr 2024, blicken wir nicht nur auf die Schrecken vergangener Kriege, sondern auch auf die Herausforderungen der Gegenwart. Der Angriffskrieg in der Ukraine, die Konflikte im Nahen Osten und die weltweiten Spannungen führen uns vor Augen: Frieden ist keine Selbstverständlichkeit.

Europa – ein Kontinent, der aus Trümmern und Leid wiedererstanden ist – steht heute als Symbol für Frieden und Zusammenarbeit. Der europäische Gedanke, geboren aus dem Wunsch nach Versöhnung nach dem Zweiten Weltkrieg, erinnert uns daran, dass Frieden nicht allein durch die Abwesenheit von Krieg entsteht. Er verlangt nach aktivem Einsatz: für Verständigung, Gerechtigkeit und Menschenrechte.

Der Volkstrauertag gibt uns die Möglichkeit, über die tiefen Wunden nachzudenken, die der Krieg in unsere Geschichte gerissen hat. Gleichzeitig mahnt er uns, die Verantwortung zu tragen, diese Fehler nicht zu wiederholen.

Möge dieser Tag uns daran erinnern, dass Frieden niemals endgültig errungen ist. Er muss immer wieder neu gestärkt, geschützt und gepflegt werden – im Großen, wie in Europa, aber auch im Kleinen, in unseren Gemeinden und Herzen.


Liebe Dassendorferinnen, liebe Dassendorfer, lasst uns heute nicht nur der Vergangenheit gedenken, sondern auch die Zukunft in den Blick nehmen. Möge der Traum eines vereinten und friedlichen Europas uns als Leuchtfeuer dienen, während wir gemeinsam eine gerechtere und friedlichere Welt gestalten.

In stiller Trauer gedenken wir der Opfer von Krieg und Gewalt – und mit festem Willen verpflichten wir uns, die Zukunft des Friedens zu bewahren.

Bürgermeisterin Martina Falkenberg



Gedenken zum Volkstrauertag: 17. November um 15 Uhr

Auch in diesem Jahr wird es anlässlich des Volkstrauertages am Sonntag, 17. November um 15 Uhr eine Gedenkveranstaltung mit Kranzniederlegung und musikalischer Begleitung bei der Kapelle auf dem Dassendorfer Friedhof geben. Ausgetragen wird diese von der Gemeinde Dassendorf zusammen mit der Kirchengemeinde Brunstorf. Gemeinsam wollen wir ein Zeichen für den Frieden setzen.

Bürgermeisterin Martina Falkenberg