Kirche im April

Pastor Otto

07.04.2024


Liebe Leserinnen und Leser!

Normalerweise springen jetzt alle auf und fangen gleichzeitig an zu reden. Ich bin zu Besuch in einem Kindergarten. Ich habe eine Geschichte erzählt, wir haben gesungen, gebetet, gemeinsam den Segen gesprochen. Aber anstatt den Kindern dabei zuzusehen, wie sie in ihre Gruppen zurückwuseln, schaue ich in lauter ernste, kleine Gesichter. Sie warten ab, ob noch etwas kommt. Von Ostern hatte ich erzählt und von all dem, was davor geschehen ist: Wie Jesus verraten und gefangengenommen wurde, wie man ihn geschlagen und ans Kreuz gehängt hat, wie er sterben musste, wie er begraben wurde, natürlich auch wie er auferstanden ist. Jetzt herrscht Stille. Nach einer Weile fängt eines der Kinder ganz von selbst an zu erzählen: „Mein Cousin hat auch ganz schlimm Schmerzen gehabt!“  Ein anderes: „Meine Oma ist auch gestorben, die haben wir dann zum Friedhof gebracht.“ So geht es immer weiter. Irgendwann sind wir dann auch beim toten Wellensittich angekommen, aber das hat genauso seine Richtigkeit, wie dass die Kinder gar nicht über die Auferstehung sprechen brauchen. Fast alle Geschichten, die wir ihnen erzählen, enden gut. Das ist doch von vornherein klar! Nur spüren sie sehr wohl, dass die wirkliche Welt nicht so glatt ist, wie wir ihnen oft weismachen wollen. Und sie nutzen die Gelegenheit, endlich einmal darüber zu sprechen. Denn sie wollen auch das begreifen, wollen lernen, damit umzugehen.

Bei uns Erwachsenen, scheint mir, ist es eher umgekehrt. Beim Lesen der Zeitung packt uns immer wieder einmal Verzweiflung oder Wut. Erst vergangenen Monat schrieb ich davon. Im Großen und Ganzen haben wir aber gelernt, dass die Welt eben so ist. Das ist doch von vornherein klar! Horchen wir deshalb besonders auf, wenn wir „Auferstehung“ hören? Eher nicht. Schließlich haben wir längst begriffen, worum es an Ostern geht: Wir feiern das Leben! Denn das Leben geht weiter und es lohnt sich zu hoffen. Nach dem Regen kommt die Sonne, nach dem Winter der Frühling. Wo die Erde tot zu sein schien, sprießt neues Grün und die Hasen fangen an zu hoppeln. So ist es Jahr für Jahr. Die Welt hat eben auch eine schöne Seite.

Und dann gibt es die Momente, an denen ich der Ostergeschichte zuhöre, wirklich zuhöre, und ich verstehe, von wieviel mehr sie spricht: gerade nicht vom Kreislauf der Natur, sondern davon, wie Gott diesen Kreislauf unterbricht. Dann höre ich, wie die Kraft, die das Universum trägt, die Gesetze dieses Universums aussetzt. Dann feiere ich nicht mehr „das Leben“, das am Ende doch vergeht, dann feiere ich den Sieg über den Tod. Ganz wörtlich. Dann feiere ich ein leeres Grab und dass wir Jesus folgen werden in dieses Leben jenseits von „So ist die Welt nun einmal…“
In diesen Momenten beginne ich, wieder durch strahlende Kinderaugen zu sehen und verstehe, was Dietrich Bonhoeffer meint, wenn er sagt: „Wer Ostern kennt, kann nicht verzweifeln“.  Die Geschichte wird gut enden. Das ist doch seit Ostern klar. Der Herr ist auferstanden!

Ihr und Euer Pastor Konrad Otto